Monat: August 2025

  • Die Herren des Marmors

    Was für eine Reportage!

    Eine Stadt voller Bergarbeiter, Anarchisten und Künstler. Aber die Steinbrüche sind Privatbesitz einiger Familien, denen lang vor der Gründung des italienischen Staates irgendeine Adlige ewige Abbaurechte vermacht hatte mit der Auflage, ein wenig Steuern zu bezahlen; vermutlich war sie damals schon der Pleite nahe wie viele ihrer Klasse.

    Carrara ist ein lokaler Spiegel für das Endstadium des Kapitalismus, aufgebaut einst auf den Ruinen des überwundenen Feudalismus, nun angelangt bei der letzten Konsequenz seiner inneren Logik, welche die Monopolisten der Produktionsmittel in die modernen Feudalherren transformiert. Doch der Spiegel ist trübe vom allgegenwärtigen Marmorstaub, der jede Fläche, jedes Gewässer und jede Lunge in Beschlag nimmt.

    Die Herren des Marmors freuen sich ungestört ihrer fetten Rente und überlassen alle Folgekosten der überschuldeten Gemeinde. Und die Repubblica verschliesst die Augen und tut so, als wäre der Privatbesitz von Bodenschätzen in der schönen italienischen Verfassung festgeschrieben, so ähnlich wie die Bewirtschaftung von Badestränden, die seit Menschengedenken in der Hand der selben Familien war, bis der Staat nach jahrelangem Druck aus Brüssel endlich die freie Ausschreibung zeitlich begrenzter Pachtverhältnisse durchzusetzen begann.


    Katharina Klein: «Carrara, Reich des Marmors»
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    Illustration aus dem Heft.

  • Vom Protokollieren zum Tun

    «Die Protokollantin» ist eine fünfteilige Krimiserie, die ab Oktober 2018 im ZDF ausgestrahlt wurde. Sie ist aktuell in der ZDF-Mediathek verfügbar (die 3. und 5. Folge mit VPN). 

    https://www.zdf.de/serien/die-protokollantin-102

    In der Story sind verschiedene Stränge verwoben; sie ist jedoch gut und stringent erzählt, ohne unnötige Längen (jede Folge dauert knapp eine Stunde) und frei von privaten Eskapaden, die nicht zum Verständnis der Handlung erforderlich sind. 

    Im Kern geht es um eine Frau (Iris Berben), die bei den Vernehmungen einer Mordkommission Protokoll führt und dabei Geschichten anhören muss, die dem ungeklärten Verschwinden ihrer eigenen Tochter im Milieu verzweifelt ähnlich klingen. In ihrem Zorn über die schrecklichen Verbrechen von Männern an Frauen wird sie von der Protokollantin selber zur Täterin.

    Die Darstellung der Figuren ist durchwegs meisterhaft, nicht nur die der beiden Protagonisten Iris Berben als Protokollantin und Peter Kurth als Chef der Mordkommission. Und das in Bildern von grosser Ruhe und Eindringlichkeit.

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