Überschwemmung in Küsnacht, 1878 (Bild: Zentralbibliothek Zürich / Wikimedia Commons)
Ich muss in die Stadt, letzte Vorbereitungen für eine Veranstaltung, an der ich referieren werde. Mit viel Material beladen, aber gemütlich schlendere ich von zuhause in meine kleine alte Stadt; ich bin eh vor der Zeit. Als ich im Zentrum der Stadt ankomme, das mir immer fremder erscheint, einige ungewohnt hohe Häuser erinnern mich eher an meine Verirrungen jüngst in Milano [1], fällt mir ein, dass ich noch einen Würfel kaufen müsste für das Spiel, das ich am Ende eingeplant hab, um zu ermitteln, wer den Preis gewinnt. Also kleiner Umweg zum Spielzeugladen, dort die kleine Gasse hinab. Unversehens steh ich vor einer Menge Wasser, die sich unten angesammelt hat; keine Chance, da durchzukommen, alles überschwemmt. Hm, ich suche einen anderem Weg ums Zentrum herum; aber es führt keine begehbare Strasse mehr auf die andere Seite der Stadt.
Containerschiff einer der führenden Reedereien, der dänischen Maersk, im Hafen von Koper, Slowenien (Foto: Petar Milošević / Wikimedia Commons)
Zwei jüngste Beschlüsse der EU zeigen beispielhaft, dass die realexistierende EU immer mehr zu einer Veranstaltung der Umverteilung von unten nach oben wird. Das EU Parlament hat soeben das Lieferkettengesetz gelockert, und die EU-Kommission will die Freigrenze von 150 Euro für eingeführte Waren streichen.
Christopoh Blocher am St. Gallen Symposium 2006 und Magdalena Martullo Blocher, 2017 (beide: Wikimedia Commons)
Die politische Schäden für die Schweiz, den Blocher Vater und Tochter seit Jahrzehnten angerichtet haben, ist unendlich viel grösser als der eventuelle Verlust an Steuereinnahmen, falls die beiden Milliardäre nach Annahme der Erbschaftssteuer-Initiative der Jusos tatsächlich auswandern würden. Das wäre im Gegenteil ein Gewinn, der dem Land nicht nur politisch, sondern auch volkswirtschaflich zugute käme. Der Auszug der beiden angeblichen Superpatrioten würde endlich allen die Augen öffnen.
Screenshot aus «The White Meadows» von Mohammad Rasoulof
«The White Meadows» – selten hat mich ein Film körperlich derart gefesselt [1]. Bilder von schmerzend klarem Weiss, in denen sich schwarze Figuren langsam in einem archaischen Geschehen bewegen.
Gebannt sass ich vor dem Bildschirm und versuchte, zu verstehen. Überwältigt von der unausweichlichen Wucht begann ich allmählich zu ahnen, dass der Film eine einzige Anklage ist: gegen die Untätigkeit angesichts des Verschwindens des einst grössten Salzsee der Welt und gegen das sture Beharren auf alten Traditionen, die mehr als stilles Klagen nicht zulässt. Eine fast unerträgliche Sehnsucht, dabei voller Klarheit über die Ausweglosigkeit in einer fremdverschuldeten, aber selbst erduldeten Realität.
Mohammad Rasoulofs Spielfilm war im Jahr 2009 bei aller Zensur vielleicht eine der eindrücklichsten Kritiken an den Verhältnissen im Iran. Ein riesiger See zieht sich immer weiter von seinen einstigen Ufern zurück und vertrocknet, und nicht nur der Urmiasee im Nordwesten des Landes, sondern das ganze riesige Land, im übertragenen Sinn und wortwörtlich, wie die neusten Nachrichten zeigen, die gar eine Evakuierung der Hauptstadt Irans mit ihren fast 10 Millionen Einwohnern nicht mehr ausschliessen, weil das Trinkwasser so knapp geworden ist.
Meine im Iran lebende Kollegin studierte einst in der Stadt Urmia am Westufer des Sees. Urmia heisst Stadt am See. Vom See ist fast nichts mehr übrig geblieben, schreibt sie mir jetzt. Und er stirbt immer rascher. Abnehmende Niederschläge und Erderwärmung werden als äussere Ursachen genannt; doch gleichzeitig verbraucht eine ineffiziente Landwirtschaft immer mehr Wasser, landesweit neunzig Prozent des verfügbaren Wassers. Um die Bewässerung der Ackerflächen zu fördern, wurden Staudämme gebaut, was nicht zuletzt den Zufluss zum Urmiasee verringerte.
1976 erlangte der Urmiasee die Anerkennung als UNESCO-Biosphärenreservat. Die Feier zum fünfzigsten Jahrestag dürfte enorm trocken ausfallen. Vielleicht wird sie zum Anlass, endlich etwas zu unternehmen? [2]
Aus Medien aller Art schauen uns unablässig die immer gleichen führenden Personen an. Sie richten es für uns. Wirklich? Warum nehmen wir nicht selber und gemeinsam an die Hand, was uns betrifft?
Birgitta Jónsdóttir (Screenshot aus dem erwähnten Film)(mehr …)
November 29, 1863: the Assault on Fort Sanders. Civil War Lithograph by Kurz and Allison, restored by Adam Cuerden (Wikimedia Commons)
Frage an die Historiker unter euch: Stimmt es, dass Imperien besonders heftig um sich schlagen, bevor sie untergehen, wie manche mit Seitenblick auf die USA behaupten.
US powerplay by aircraft carriers (Picture: USS George Washington underway in the Pacific Ocean, 2009. Credit: Adam K. Thomas / Wikimedia Commons)
The Trump administration claims it is conducting a campaign against drug trafficking from Venezuela [1]. We know that this is not a valid reason for either for the main sources of drugs sold in the United States or for deploying 10,000 troops and the largest aircraft carrier to the Caribbean.
Was unterscheidet den Mensch vom Tier? Immer weniger, wie die Forschung zeigt. Jedenfalls, wenn es um sogenannt höhere Tiere geht, die uns irgendwie ähnlich sind. Doch wie ist das denn bei anderen Tieren?
Eine neue Studie hat sogar herausgefunden, dass Schimpansen ihre Entscheidungen überdenken und ihr Handeln ändern können, wenn ihnen neue Informationen zur Verfügung stehen [1]. Für das Experiment wurde Nahrung in verschiedenen, aber gleich aussehenden Kisten versteckt. Zusätzlich erhielten die Versuchstiere starke oder schwache Hinweise darauf, in welcher Kiste sich Nahrung befinden könnte. Danach wurden die Hinweise noch ergänzt um die Angabe, in welcher Kiste sich noch mehr Nahrung befinden könnte. Es zeigte sich, dass die Schimpansen die Wahl der Kiste dementsprechend veränderten. [2]
Katzen auf einem Bauernhof (GeoprofiLars / Wikimedia)
Die seit sieben Jahren von rechten Populisten geführte autonome Region Friuli Venezia Giulia hat für ihr fremdenfeindliches Mantra ein neues Opfer gefunden: die Katzen. Ab Juli 2026 müssen alle Katzen kastriert, gechipped und behördlich registriert sein, was einen sehr italienischen Formularkram voraussetzt. Wetten, dass die Bürokratie damit überfordert sein wird, wenn plötzlich ganz viele Bürger ihre Katze fristgerecht anmelden wollen?
28.10.2025 Heute vor vier Jahren ist meine Mutter gestorben. Es kommt noch manchmal vor, dass ich spontan denke: Ich ruf sie an, das muss ich ihr jetzt gleich erzählen; doch das passiert mir viel seltener, als hätte ich mich daran gewöhnt, dass sie nicht mehr da ist, fern zwar schon, seitdem ich ausgewandert war und wir uns nur einmal monatlich sahen, wenn ich sie und Freunde in Zürich besuchte. Auch solche Reisen sind seit ihrem Tod selten geworden. Nein, ich kann mich nicht daran gewöhnen, dass ein Mensch nicht mehr da ist, der so wichtig war in meinem Leben. Der Tod bleibt eine Zumutung, aber nicht der eigene, gegen den Elias Canetti anschrieb. Es gäbe so viel zu erzählen, und ich weiss ja, wie sehr sie das interessiert. Ob sie es wortlos erfährt? Hoffentlich nicht alles. Wegen meiner gelegentlichen gesundheitlichen Probleme hätte sie ich wie immer furchtbare Sorgen gemacht…
Die europäische Vereinigung entstand, so die Legende, aus dem Wunsch der Politiker nach dem Zweiten Weltkrieg, durch wirtschaftliche Verflechtung der Länder künftige Kriege zu verhindern, sozusagen Frieden durch gegenseitige Abhängigkeit.
Der erste Schritt auf diesem Weg war die 1951 gegründete Montanunion, die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl, zu jener Zeit zwei Grundlagen der Rüstung. [1]
74 Jahre später rüsten sich die im EU-Ministerrat versammelten Regierungen und die von ihnen alle vier Jahre ausgeknobelte EU-Kommission für den Krieg, wahrscheinlich auch so ein Friedensprojekt…
Der Webfehler lag von Anfang an beim Primat der Wirtschaft, die Menschen blieben ökonomische Manövriermasse. Zwei Beispiele hierfür, die weniger ins Auge stechen:
Mit vermeintlich guten Regelungen gegen fake news im Internet hebeln die europäischen Regierungen via EU-Beschlüsse den freien Meinungsaustausch aus – ohne einklagbare Zensur, ganz einfach mit Algorithmen. Du darfst zwar im Internet schreiben, was du willst, es verschwindet einfach in die Unsichtbarkeit, wenn du was «Falsches» schreibst. [2]
Gleichzeitig sind die europäischen Regierungen vollkommen ausserstande, die schleichende, aber systematische Vergiftung der Bevölkerung auch nur zu reduzieren, geschweige denn zu verbieten. «Ewigkeitschemikalien» (PFAS) sind für die industrielle Massenproduktion von mehr oder weniger nötigen Dingen derart probat und profitträchtig, dass kaum ein Regierender es wagt, mit mehr als schönen Worten dagegen vorzugehen. [3]
Es geht in Europa, genau so wie in den USA, um die grossen Gewinne für ein paar wenige, koste es uns halt, was es eben koste…
Die zuständige Behörde des Kantons Zürich hat auf mein umfangreich begründetes Gesuch hin fast umgehend bewilligt, dass ich fortan offiziell so heisse, wie ich mich schon lange nenne. Damit sind mein Schweizer Pass und meine ID ab sofort ungültig. Also fährt das Landei aus dem hintersten Friaul sechs Stunden lang mit öffentlichen Verkehrsmitteln zum Schweizer Konsulat in Milano, in eine Stadt, die schon seit je viel zu gross ist für mich, so sehr, dass ich mich jedesmal in den Häuserschluchten verliere.
Karikatur auf die Gemischte Patrouille aus Soldaten der österreichischen, preussischen und bayerischen Armee sowie des Frankfurter Linienmilitärs. (Frankfurter Latern 1860 / Wikimedia Commons)
Im demokratischen Athen der Antike wurden alle öffentlichen Ämter durch das Los bestimmt: Bürgerrat, Regierung und Richter – nur die Armee wurde ausgelost.
In der deutschen Demokratie soll es künftig genau umgekehrt gehen: Die ewig gleichen Gesichter im Parlament, in der Regierung und auf den Richterstühlen – aber künftig soll ausgelost werden, wer zur Bundeswehr muss. [1]
Das wirft nicht nur ein grelles Licht auf die Unlust der Jugend, sich zum Wehrdienst zu melden, der politisch zum Krieg gegen Russland missbraucht zu werden droht – es macht auch deutlich, zu was die Demokratie in Deutschland und in Europa verkommen ist.
Anders, aber nicht wirklich besser im Land der hochgelobten direkten Demokratie: Eine Schweizer Volksinitiative will die Wehrpflicht für Männer durch einen obligatorischen Einsatz junger Männer und Frauen für Gemeinschaft und Sicherheit ersetzen. Jede Person soll sich dort einsetzen, wo sie gebraucht wird und etwas beitragen kann, in der Armee, im Zivilschutz, im Umwelt- und Katastrophenschutz, im Gesundheitswesen, in der Bildung oder in der sozialen Betreuung. Bürgerliche und rechte Parteien und Wirtschaftsverbände führen eine Gegenkampagne und warnen vor «negativen Folgen für Wirtschaft, Armee und Milizsystem». [2]
Auch in der Schweiz fürchten rechte Kreise, der Armee könnten die Soldaten ausgehen. Dann hört doch endlich auf, Krieg zu spielen!
The Trump gang is desperate to get its hands on Venezuela’s rich resources, continuing the long-standing greed of the United States for them. Remember the US policy towards Venezuela after Hugo Chávez was democratically elected president in 1999 and promised to nationalise oil production, which had made the country one of the largest producer, and to distribute the revenues to the people. Remember also what the CIA and its British partner MI6 did in Iran in 1953 after its democratic government decided to nationalise oil.
So that was the reason why I had to invent dynamite and become rich, in the end, really? (Alfred Nobel, portrait by Gösta Florman [1831–1900], The Royal Library / Wikimedia Commons)
Screenshot aus der hier besprochenen iranischen Filmserie «The Actor»
Die Idioten an der Spitze einiger westlicher Regierungen wissen nichts Besseres zu tun, als den Iran wieder mit harten Sanktionen zu überziehen, wenn die Mullahs ihr Atomprogramm nicht runterfahren. (Seltsamerweise ist es kein Thema, dass der Westen von der pazifischen Ostküsten bis nach Israel im Gegensatz zum Iran über massenhaft einsatzfähige Atomwaffen verfügt.) Die Sanktionen treffen freilich vor allem das iranische Volk und dessen uralte Zivilisation, während sie die iranische Führung eher noch stärken. Die schon heute fast vollkommene Abschottung Irans von aussen wie von innen mag alles Mögliche bewirken, nur ganz sicher weder Frieden noch Wohlstand.
Do you recall the fantastic novel ‚Ecotopia‘ by Ernest Callenbach (1975 [1], with a sequel in 1981 [2]), in which three western US states drifted into the Pacific Ocean after the long-awaited major earthquake and developed their own way of life?
Every possession of territory, whether private, corporate or public, came about through direct or indirect intimidation of people in order to deprive them of their equal rights on a shared and finite planet.
Das am 7. Oktober 2023 in Israel angerichtete Massaker ist auch für mein Empfinden schrecklich und durch nichts zu entschuldigen, unabhängig davon, wie viele Menschen damals durch Hamas-Kämpfer oder in Befolgung der israelischen Hannibal-Direktive ermodet worden sind. Ebenso schrecklich ist für meine Empfinden, dass zwei Jahre danach der Tag von einigen wie eine Feier der Rechthabenden begangen wird. Ein paar Beispiele auf Facebook, zu denen ich mich geäussert habe.
«Der 7. Oktober markiert den schwersten Anschlag auf Israel und das grösste Pogrom an Jüdinnen und Juden seit der Shoah. 1.200 Menschen wurden bei dem entsetzlichen Angriff der Terrororganisation Hamas ermordet, 250 Menschen – darunter auch Kinder – wurden als Geiseln genommen.» Andreas Babler, Chef der SPÖ und österreichischer Vizekanzler
Acht Jahrzehnte Terror, Unterdrückung, Vertreibung und, wenn das alles nichts nützt, Vernichtung – wie naiv oder ideologisch verblendet kann man sein, am 7. Oktober nur an die eine Seite zu denken, an die des Unterdrückers? Wenn man den Opfern im Gedenken gerecht werden kann, dann nur, wenn man alle Opfer beklagt.
Noch deutlicher als an ihren Worten erkennt man rechtspopulistisch dominierte Regierungen an ihren Taten. Zum Beispiel am Abbau der Gewaltenteilung: Gängelung von Gerichten und Staatsanwaltschaften (zum Beispiel Ungarn, Türkei, USA und bis vor kurzem Polen) und Umgehung der Parlamente durch Regieren mit Verordnungen und Erlassen (zum Beispiel in Italien seit der Ära Berlusconi, neu auch die Schweiz seit der Ära Rösti).
Ebenfalls ein Zeichen respektlosen Durchregierens ist die Verletzung der rechtsstaatlichen Regel, wonach neue Vorschriften nicht rückwirkend angewendet werden dürfen. Zwei Beispiele:
1. Abschaffung der lebenslangen Witwenrente in der Schweiz
Bis jetzt kennt die Schweiz eine vergleichsweise grosszügige Regelung für die Fortsetzung von Renten zugunsten der hinterbliebenen Ehefrauen. Damit wurde dem bürgerlichen Familienmodell Rechnung getragen, nach dem die Frau dem Ehemann den Rücken frei hält, sich also zuhause um alles kümmert. Darum haben Witwen, auch kinderlose oder geschiedene, bisher einen lebenslangen Anspruch auf 80 Prozent der AHV-Rente ihres verstorbenen Ehemanns.
Was für eine Reportage! Eine Stadt voller Bergarbeiter, Anarchisten und Künstler. Aber die Steinbrüche sind Privatbesitz einiger Familien, denen lang vor der Gründung des italienischen Staates irgendeine Adlige ewige Abbaurechte vermacht hatte mit der Auflage, ein wenig Steuern zu bezahlen; vermutlich war sie damals schon der Pleite nahe wie viele ihrer Klasse.