Monat: November 2025

  • Wenn ein See stirbt.

    Screenshot aus «The White Meadows» von Mohammad Rasoulof

    «The White Meadows» – selten hat mich ein Film körperlich derart gefesselt [1]. Bilder von schmerzend klarem Weiss, in denen sich schwarze Figuren langsam in einem archaischen Geschehen bewegen.

    Gebannt sass ich vor dem Bildschirm und versuchte, zu verstehen. Überwältigt von der unausweichlichen Wucht begann ich allmählich zu ahnen, dass der Film eine einzige Anklage ist: gegen die Untätigkeit angesichts des Verschwindens des einst grössten Salzsee der Welt und gegen das sture Beharren auf alten Traditionen, die mehr als stilles Klagen nicht zulässt. Eine fast unerträgliche Sehnsucht, dabei voller Klarheit über die Ausweglosigkeit in einer fremdverschuldeten, aber selbst erduldeten Realität.

    Mohammad Rasoulofs Spielfilm war im Jahr 2009 bei aller Zensur vielleicht eine der eindrücklichsten Kritiken an den Verhältnissen im Iran. Ein riesiger See zieht sich immer weiter von seinen einstigen Ufern zurück und vertrocknet, und nicht nur der Urmiasee im Nordwesten des Landes, sondern das ganze riesige Land, im übertragenen Sinn und wortwörtlich, wie die neusten Nachrichten zeigen, die gar eine Evakuierung der Hauptstadt Irans mit ihren fast 10 Millionen Einwohnern nicht mehr ausschliessen, weil das Trinkwasser so knapp geworden ist.

    Meine im Iran lebende Kollegin studierte einst in der Stadt Urmia am Westufer des Sees. Urmia heisst Stadt am See. Vom See ist fast nichts mehr übrig geblieben, schreibt sie mir jetzt. Und er stirbt immer rascher. Abnehmende Niederschläge und Erderwärmung werden als äussere Ursachen genannt; doch gleichzeitig verbraucht eine ineffiziente Landwirtschaft immer mehr Wasser, landesweit neunzig Prozent des verfügbaren Wassers. Um die Bewässerung der Ackerflächen zu fördern, wurden Staudämme gebaut, was nicht zuletzt den Zufluss zum Urmiasee verringerte.

    1976 erlangte der Urmiasee die Anerkennung als UNESCO-Biosphärenreservat. Die Feier zum fünfzigsten Jahrestag dürfte enorm trocken ausfallen. Vielleicht wird sie zum Anlass, endlich etwas  zu unternehmen? [2]


    [1] «The White Meadows», Mohammad Rasoulof (2009)
    [2] Karten: https://www.bytesde.com/1302901/

  • Das Heldenproblem

    Aus Medien aller Art schauen uns unablässig die immer gleichen führenden Personen an. Sie richten es für uns. Wirklich? Warum nehmen wir nicht selber und gemeinsam an die Hand, was uns betrifft?

    Birgitta Jónsdóttir (Screenshot aus dem erwähnten Film)
    (mehr …)
  • Untergehende Imperien [1]

    November 29, 1863: the Assault on Fort Sanders. Civil War Lithograph by Kurz and Allison, restored by Adam Cuerden (Wikimedia Commons)

    Frage an die Historiker unter euch:
    Stimmt es, dass Imperien besonders heftig um sich schlagen, bevor sie untergehen, wie manche mit Seitenblick auf die USA behaupten.

    (mehr …)
  • What is the US looking for in Venezuela?

    US powerplay by aircraft carriers (Picture: USS George Washington underway in the Pacific Ocean, 2009. Credit: Adam K. Thomas / Wikimedia Commons)

    The Trump administration claims it is conducting a campaign against drug trafficking from Venezuela [1]. We know that this is not a valid reason for either for the main sources of drugs sold in the United States or for deploying 10,000 troops and the largest aircraft carrier to the Caribbean.

    What is it then?

    (mehr …)
  • Schimpansen können rational handeln – nur sie?

    Ameisen (Foto: Thomas Netsch / Wikimedia Commons)

    Was unterscheidet den Mensch vom Tier? Immer weniger, wie die Forschung zeigt. Jedenfalls, wenn es um sogenannt höhere Tiere geht, die uns irgendwie ähnlich sind. Doch wie ist das denn bei anderen Tieren?

    Eine neue Studie hat sogar herausgefunden, dass Schimpansen ihre Entscheidungen überdenken und ihr Handeln ändern können, wenn ihnen neue Informationen zur Verfügung stehen [1]. Für das Experiment wurde Nahrung in verschiedenen, aber gleich aussehenden Kisten versteckt. Zusätzlich erhielten die Versuchstiere starke oder schwache Hinweise darauf, in welcher Kiste sich Nahrung befinden könnte. Danach wurden die Hinweise noch ergänzt um die Angabe, in welcher Kiste sich noch mehr Nahrung befinden könnte. Es zeigte sich, dass die Schimpansen die Wahl der Kiste dementsprechend veränderten. [2]

    (mehr …)
  • Katzen und Saubermänner im Friaul

    Katzen auf einem Bauernhof (Geoprofi Lars / Wikimedia)

    Die seit sieben Jahren von rechten Populisten geführte autonome Region Friuli Venezia Giulia hat für ihr fremdenfeindliches Mantra ein neues Opfer gefunden: die Katzen. Ab Juli 2026 müssen alle Katzen kastriert, gechipped und behördlich registriert sein, was einen sehr italienischen Formularkram voraussetzt. Wetten, dass die Bürokratie damit überfordert sein wird, wenn plötzlich ganz viele Bürger ihre Katze fristgerecht anmelden wollen?

    (mehr …)
Suche

Übersetzen · Translate

Kategorien


Alle Stichwörter · Keyword list

Algorithmen Arm und Reich Automatisierung CasaPound China democracy Demokratie Energie EU Evolution Faschismus fascism Finanzmärkte Führer Greta Thunberg Handeln Homo sapiens Iran Israel Italien Kunst künstliche Intelligenz Lega Malerei Migration Neo-Nazi Oil Politik Schweiz Populismus Privilegien rot-schwarze Koalition Salvini Schergen Schweiz Spanien Staatsbudget Staatsschulden Traum Trieste Trump USA Venezuela Weiterbildung Wollen Österreich


Artikelarchiv · Articles by date