Kategorie: Politik

  • Westsahara, Ceuta und Melilla: Spanien muss endlich Schulden begleichen

    Westsahara heute (Enyavar/Wikimedia) und Westsahara-Flagge

    Spanien hat seine ehemalige Kolonie Westsahara 1975 fast fluchtartig verlassen, nachdem Marokko, welche das Territorium schon lange für sich beansprucht hatte, es militärisch angriff. Marokko besetzte schrittweise den grössten Teil von Westsahara, beutete dessen Reichtum an  Bodenschätzen und Fischgründen aus und überliess der rechtmässigen Bevölkerung, den Sahraouis, nur karge Gebiete im Hinterland. Hier leben nur noch gut 100,000 Sahraouis, während gegen 200,000 in Flüchtlingslagern in der Wüste bei Tindouf in Algerien leben.

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  • Die Atombombe in Netanyahus Hand ist die reale Gefahr

    Benjamin Netanyahu (Foto: UK gov’t/Wiki) und Ali Khamenei (khamanei.ir/Wiki)

    Seit Jahrzehnten warnt die israelische Führung, der Iran werde «innert Kürze» die Atombombe haben. Warum erhält dann die israelische Armee den Befehl zum Angriff auf den Iran erst und ausgerechnet jetzt?

    Motiv 1: Die Mullahs dürfen die Bombe nicht haben

    Gehen wir zuerst einmal davon aus, das Ziel der israelischen Kriegseröffnung bestehe tatsächlich darin, zu verunmöglichen, dass der Iran Atombomben baut. Gehen wir weiter davon aus, dass es Israel wahrscheinlich nicht gelingen kann, das gesamte iranische Atomprogramm jetzt sofort in Schutt und Asche zu legen. 

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  • Der richtige Mann zur falschen Zeit

    Über die Unmöglichkeit, anständig zu reagieren, wenn eine auf Krawall gebürstete Rechte das nicht will. Gute Analyse in der heutigen «Republik» [1]. Doch was nun?

    Foto: Joan Minder/Republik

    Müsste ich bewerten, welche Papabili aus meinem politischen Spektrum sich für den Job in der Schweizer Regierung besonders eignen, wäre Beat Jans unter den allerersten. Er will Lösungen gemeinsam erarbeiten, damit sie tragfähig sind, und er ist ausgesprochen anständig in Diskussionen; auch wenn diese heftig werden, verliert er nicht seine gewinnende Art. So habe ich ihn vor vielen Jahren als Mitglied der ziemlich bunten agrarpolitischen Allianz kennengelernt, und dafür schätze ich ihn bis heute sehr.

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  • Gebrüll von rechtaussen kann Bravheit nicht übertönen

    Der Abspann am Ende der Podcasts bzw. Aufzeichnungen von Sendungen auf Schweizer Radio spiegeln die verknöcherte Struktur des Besitzers und dessen Hilflosigkeit, wenn es um ein wirksames und gewinnendes  Branding geht – das gerade im bevorstehenden Abstimmungskampf in eigener Sache nicht ganz unwichtig wäre.

    Schon schriftlich wirkt der Abspann mit zwei nichtssagenden Akronymen müde. Mündlich ist er noch weniger überzeugend. Die erste Zeile wird unterkühlt vorgetragen, die zweite klingt sogar wie aus einem entfernten Raum.

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  • Albert Rösti und Markus Ritter entführt!

    Eine Moritat rund um die Biodiversität mit wahrem Hintergrund [1]


    Irgendwer wird dereinst nur noch Rösti zu essen kriegen – entweder jene, die sie angerichtet haben, oder wahrscheinlicher all jene, die das zuliessen.

    1 Die Bombe platzt

    «Das Basiskollektiv biodiv hat Albert Rösti, Bundesrat, und Markus Ritter, Bauernverbandspräsident, entführt und wegen wiederholter bandenmässiger Irreführung der Schweizer Bevölkerung verurteilt. Die beiden Promotoren einer Lügenkampagne gegen den wissenschaftlich belegten Verlust der Biodiversität bleiben in Gefangenschaft, bis der Bundesrat beschliesst, die Volksabstimmung vom 22. September über die Volksinitiative «Für die Zukunft unserer Natur und Landschaft» (Biodiversitätsinitiative) auszusetzen und im kommenden Jahr mit einem erläuternden Text des Forums Biodiversität der Schweizerischen Akademie der Natur­wissenschaften neu anzusetzen. Die Kommunikation mit dem Basiskollektiv biodiv ist ausschliesslich über swissinfo.ch der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft möglich.» (mehr …)

  • Üble Schmutzpropaganda gegen das EU–Parlament

    Ein Artikel über das «Luxus-Leben der EU-Politiker» ging jüngst übers Internet, meist ohne grosse Reflexion einfach gelinkt und gut ist. Eben nicht. Genauer lesen wäre angezeigt gewesen. 

    Über eine beliebte, aber am Ziel vorbei schiessende Kritik an der EU

    Ein Artikel auf der EU-skeptischen Plattform «Deutsche Wirtschafts-Nachrichten» vom 26.10.2013 über das «Luxus-Leben der EU-Politiker» ging über die Walls im Facebook, meist ohne grosse Reflexion einfach gelinkt und gut ist. Eben nicht. Genauer lesen wäre angezeigt gewesen. 

    Luxus-Leben bis zum Untergang: Die sagenhaften Privilegien der EU-PolitikerDer Grund der großen Leidenschaft der Politiker für die EU ist die Möglichkeit einer neuen, lukrativen Karriere: Wer als EU-Parlamentarier oder Beamter den Sprung in den Kreis der EU-Erlauchten schafft, hat finanziell ausgesorgt. Die europäischen Steuerzahler ermöglichen den Politikern ein Leben voller Privilegien, Annehmlichkeiten – und ohne jede Kontrolle. Bericht aus dem Tollhaus. [1]

    Der Text ist ein wildes Konglomerat zwischen der Kritik an der schwachen Stellung des EU-Parlaments und – als würden sich dessen Mitglieder (MEPs) dafür rächen – an finanziell ausufernden Entschädigungen, die den MEPs angeblich ein «Paradies» bescheren,  in welchem sich einige besondere «Paradiesvögel» zudem via Geschenke von Lobbyisten noch die eine oder andere Zugabe gönnen. Fazit: Kein Wunder, haben die Bürger die Schnauze voll von Europa.

    Diese Art von Anti-EU-Stimmungsmache findet derzeit leicht Applaus, auch von Menschen, die bei ein wenig Nachdenken eher zu Buhrufen neigen würden. 

    Die Kritik setzt an der falschen EU–Institution an

    Erstens: Die Stellung des Europäischen Parlaments ist beklagenswert, keine Frage. Aber sie hat sich im Lauf der letzten Jahre stetig verbessert. Dass das EP nichts zu sagen habe, wäre eine fahrlässig falsche Behauptung. Grundlegende Politikentscheide sind heute in der EU nicht mehr möglich, wenn die drei Hauptakteure nicht übereinstimmen: EI-Kommission, EU-Parlament (EP) und EU-Ministerrat.

    Enorm viel problematischer als die Stellung des EP ist jene des Ministerrats. Erstens aus institutionellen Überlegungen: Er bildet die nicht vom Volk gewählte «zweite» parlamentarische Kammer auf EU–Ebene, die faktisch noch immer die Rolle einer ersten Kammer spielt. Deren Wirken ist aber vor allem aus europäischer Perspektive problematisch: Der Ministerrat ist DAS Vehikel des Nationalismus, zu dessen Überwindung die EU geschaffen wurde.

    Wer mehr darüber wissen möchte, lese das kleine Buch «Der europäische Landbote» von Robert Menasse. [2]

    Zweitens: Wer in der EU die Lobbying–Einfallstore schliessen will, muss nicht nur nach Brüssel schauen, sondern in die Hauptstädte der Länder: Dann wird rasch klar, dass als erstes der Ministerrat sofort abgeschafft gehört, denn in ihm werden die wahren Deals zwischen Nationalstaaten, Konzerninteressen und missbrauchter EU–Mechanik abgeschlossen – nachzuverfolgen in praktisch jedem Politfeld.

    Der Missbrauch in Brüssel ist der Missbrauch in Rom, Wien, Berlin et cetera

    Drittens: Die Fütterung der EU–Parlamentarier/innen ist fürstlich, gewiss. Das ist freilich keine Erfindung der «bösen» EU, sondern längst Usus in vielen ihrer Mitgliedsländer. Die höchsten Parlamentarier-Gagen überhaupt leistet sich Italien, wo seit Menschengedenken immer etwa die selben Masken in rasch wechselnden Zusammensetzungen das bilden, was in andern Ländern Regierung heisst. Und die weltweit höchste Parteienfinanzierung leistet sich Österreich, bei dessen schon fast chronischem rot-schwarzem Gleichgewicht der geringsten Schrecklichkeit man sich längst fragt, warum die überhaupt Parteien brauchen, wenn nicht als Tarnorganisationen für nicht so feine Transaktionen. 

    Viertens: Die ganze Kampagne gegen das EP ist ein billiges Ablenkungsmanöver von den echten Problemen der EU. Man mag die Diäten und Zulagen der MEPs ruhig bescheidener gestalten – aber entwirrt sind die grossen Knäuel damit überhaupt nicht. Dazu muss man nicht nach Brüssel demonstrieren gehen, sondern in die Hauptstadt des eigenen Landes.
    Wer zum Beipiel die Politiker/innen auf EU-Ebene kürzer halten will, beginnt damit am besten im eigenen Land, denn von dort kommt der ganze Missbrauch. Übrigens in doppelter Hinsicht: In die europäischen Institutionen wird immer noch mit Vorliebe Personal abgeschoben, das man auf nationaler Ebene aus irgendwelchen Gründen nicht einsetzen möchte. Getreu dem Motto: Es lebe die Nation, was geht uns die EU an?

    Aber wenn man die EU aus der sauberen neutralen Schweizer betrachtet?

    Ein Einwurf aus der Schweiz: « Die EU muss von Grund auf reformiert werden, wenn sie weiter bestehen soll. Ich bezweifle, dass der Wille und die Fähigkeit dazu vorhanden ist. Ist ein Auslaufmodell. Alle Euro-Turbos in der Schweiz dürfen sich dann bei den Bremsern bedanken, dass uns dies erspart geblieben ist. Die Schweiz ist ein Erfolgsmodell, auf der ganzen Linie. Mir gefällt auch vieles nicht. Aber wenn ich eine Gesamtsicht vornehme, möchte ich mit keinem andern System tauschen.»

    Mit Auslaufmodellen um sich werfen: da wär ich als Schweizer/in mal lieber vorsichtig… Auch als Nicht–EU–Turbo scheint mit das Modell Schweiz doch enorm überholungsbedürftig, und wenn ich mir so vergegenwärtige, was in den letzten Jahrzehnten im Land ablief, «bezweifle ich, dass der Wille und die Fähigkeit dazu vorhanden ist», um es mal ebenso salopp zu formulieren.

    Die Schweiz mag ein Erfolgsmodell sein, fragt sich nur, für wen und wie lange noch. Ich möchte derzeit auch nicht mit meinem Recht tauschen, als Bürger jederzeit in die Schweiz zurückkehren zu können. Aber ob das in zehn oder zwanzig Jahren noch so sein wird, halt ich für nicht gesichert. Die Schweiz zehrt in jeder Hinsicht von fetten Reserven, ohne Neues zu erschaffen. Bis heute hat sie die grossen Sprünge immer nur unter massivem Druck von aussen geschafft, und ich sehe nichts am Horizont, was verspräche, dass es diesmal anders laufen würde. Druck von aussen ist aber eine zweischneidige Geschichte, die auch mal schiefgehen könnte.


    [1] http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de 26.10.2013, «Luxus-Leben bis zum Untergang: Die sagenhaften Privilegien der EU-Politiker»

    [2] Robert Menasse: «Der europäische Landbote»; derselbe: «Die Hauptstadt», Roman