Der Versuch der Grünliberalen Partei, sich als «linksliberale Heimat» zu positionieren, scheine einigermassen keck, kommentiert Daniel Binswanger in der «Repulik» [2]. Tatsächlich wären Linksliberale bei den Grünliberalen sicher nicht besonders gut aufgehoben; die von der SP zur GLP abgewanderte Chantal Galladé selber hat sich innerhalb der SP gerade nicht als Linksliberale profiliert.
Das Problem für die SP ist viel grundsätzlicher, es heisst nicht Galladé oder Jositsch oder Lieberherr oder wer immer. Und dieses Problem hat Parteien der Linken seit jeher begleitet: Dass auf den Schild gehobene Exponenten sich verselbständigen und ihren Wiederwahl-«Marktwert» für entscheidender zu halten beginnen als das, wofür die Partei sie einst auf die Piste geschickt hat (oder zu schicken vermeint hat).
Bürgerliche Parteien haben kein grundlegendes Problem damit, wenn ihre Exponenten nicht ganz auf Parteilinie liegen; Hauptsache, sie liegen nicht auf einer antikapitalistischen Linie (und das tun sie ja so gut wie nie).
Bei linken Parteien (und in der Schweiz zähl ich die SP dazu) ist es genau umgekehrt: Weil ihre Exponenten es in der Regel nur mit Stimmen auch von Mitte bis rechts auf Spitzenplätze oder in Exekutivämter schaffen, dürfen sie, um ihren «Markwert» zu mehren und zu halten, auf jeden Fall keine antikapitalistische Linie vertreten, wohingegen eine Law-and-order-Linie profitabel ist.
Die Arbeiterbewegung ist oft an diesem Widerspruch gescheitert, und die SP tut sich Mal um Mal nichts Gutes mit dieser Tradition. Vielleicht wär’s hilfreich, innerhalb der Partei über Regeln und Massnahmen nachzudenken, welche der Verselbständigung von Exponenten entgegenwirken, bevor es zu faits accomplis à la Mario Fehr (Regierungsrat im Kanton Zürich) kommt, wo die Partei ihn zähneknirschend erneut portieren muss aus Angst, der könnte sonst als Wilder auf Kosten der Partei wieder gewählt werden.
Quellen:
[1] Zuerst publiziert auf Facebook
[2] Daniel Binswanger: «Linksliberaler Blendeffekt»