
Die seit sieben Jahren von rechten Populisten geführte autonome Region Friuli Venezia Giulia hat für ihr fremdenfeindliches Mantra ein neues Opfer gefunden: die Katzen. Ab Juli 2026 müssen alle Katzen kastriert, gechipped und behördlich registriert sein, was einen sehr italienischen Formularkram voraussetzt. Wetten, dass die Bürokratie damit überfordert sein wird, wenn plötzlich ganz viele Bürger ihre Katze fristgerecht anmelden wollen?
Wer seine Katze nicht kastriert und chipped, riskiert eine Busse von 100 bis 600 Euro. Eine weitere Busse von 150 bis 900 Euro drohen dem Besitzer später, falls er nicht binnen fünf Tagen meldet, dass seine registrierte Katze mit ihm woandershin gezogen, verschwunden, gestohlen, weitergegeben oder gestorben ist.
Da hat die Region, die gerne über die Bürokratie in Rom und Brüssel schimpft, ohne Zwang ein kleines Ungeheuer geboren – Chippen und Registrierung mit Katzenpass ist bisher nämlich nur vorgeschrieben, wenn man mit seiner Katze in ein anderes EU-Land reisen will; eine Kastration war bis jetzt freiwillig. Wer soll denn das alles nun kontrollieren? Setzt die Lega-Regierung gar auf Blockwarte aus den eigenen Reihen, die vermutete Verstösse denunzieren?
Vollkommen unbedarft ist der angeblich um das Wohlergehen der Katzen bemühte Erlass aus Trieste vor allem inhaltlich. Einmal angenommen, es gelinge tatsächlich, die meisten Katze zu kastrieren, führt dies irgendwann zum Aussterben der gewöhnlichen Hauskatze (Felis catus, auch Felis domestica) im Friaul. Es wird dereinst nur noch Rassekatzen aus kontrollierten Zuchten geben, aber keine durch Freiläuferkatzen selbstbestimmte Nachzucht mehr – Nachkommen gibt’s dann bestenfalls von behördlich noch nicht unterdrückten Streunerkatzen, die allerdings schlechtere Lebensbedingungen und Perspektiven haben, auch genetisch gesehen.
Die Fachleute, welche die friulanische Regierung – wenn überhaupt – beraten haben, sind offensichtlich nicht auf dem neusten Stand. Katzenkundige und der Kastration durchaus nicht abgeneigte Wissenschafter wie der britische Zoologe John Bradshaw [2] und der USamerikanischen Evolutionsbiologe James B. Losos [3] warnen in den Schlusskapitzeln ihrer beiden Bücher ausdrücklich vor exzessiver Kastrierei [4] und der daraus folgenden Verengung des Genpools der Spezies Felis catus.
Was für Katzen wollen eigentlich die im Friaul regierenden Xenofoben? Wissen die überhaupt, dass die Lieblingstiere vieler Menschen in Italien ganz woanders her kommen? Und wissen die eigentlich, was an weit wichtigeren Problemen in der Region längst auf beherztes Handeln wartet?
Diskussion [5]
Irmy: Das Hineingepfusche in natürliche Tierpopulationen hat schon bei Hunden unnötigste Qualzuchten hervorgebracht – Egoismus von dummen Haltern, jedenfalls nie im Interesse der Tiere. Und nun soll man nur noch bei sogenannten Züchtern Rassetiere erwerben? Es widert mich an.
Hoffentlich gehen sie im Bürokratiekarsumpel unter und lassen es dann bleiben.
Fuck Verbotswahn.
Eva: Zu viele wilde Kater hatte ich schon zu Besuch und brachte sie zum Veterinär.
Hier habe ich bis jetzt nicht eine einzige Rassenkatze gesehen! Da eine Katze bis 3 x im Jahr gebären kann, ist das Tatsache und muss gestoppt werden.
Billo: Eva, das ist nicht der Punkt. Natürlich braucht es Massnahmen, damit die Katzenpopulation nicht aus dem Ruder läuft (das sagen ausgerechnet die Menschen, deren Population längst viel zu gross ist…) Aber eine Totalkastration, worauf die Rechtspopulisten im Friaul abzielen, ist wie gesagt ein massiver Eingriff in die genetische Evolution der Hauskatze. Da waren Leute am Werk, die keine Ahnung haben, die aber sehr bestimmt…
Eva: Ich glaube, dass es immer Kater geben wird, die ein selbstbestimmtes Leben führen und wild bleiben. Auch können nicht alle Mietzen sterilisiert werden..
Ich bekomme aus Deutschland ständig Berichte von Kätzchen die gefunden wurden , oft ohne Mutter, einfach zu viele!!
Leider sind nicht alle Menschen Tierliebhaber!
Billo: Das ist ein anderes Thema…
Quellen:
[1] https://www.regione.fvg.it/rafvg/cms/RAFVG/salute-sociale/igiene-urbana-veterinaria/FOGLIA15/
[2] John Bradshaw (2013): «Cat Sense», auf Deutsch «Die Welt aus Katzensicht», auf Deutsch bei Franck Kosmos Verlag, 2015
[3]James B. Losos (2023): «The Cats Meow. How Cats Evolved form the Savana to Your Sofa», Auf Deutsch «Von der Savanne aufs Sofa», Carl Hanser Verlag, 2023
[4] Kurzgeschichte über den Kastrationswahn: Billo Heinzpeter Studer (1978): «Für die Freilassung aller Haustiere und deren Rückführung in die Gärten der Quartiere»
[5] Diskussion auf Facebook
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